Rennradtour Tremola
🚴 Rennradtour Tremola - ein spezieller Klassiker
Tremola - aber sicher nur bergauf mit dem Rennrad?
Ein Mountainbike, ein Rennrad: welche Tour könnte man gemeinsam machen? Sonne ist Pflicht! Die Entscheidung: Tremola.
Bei der Tour de Suisse oder beim Granfondo San Gottardo ist die Tremola oft das Highlight. Sie gilt als eines der mythischen Stücke Alpenstraßen für Rennradfahrer – ähnlich wie die Kopfsteinpflaster-Passagen bei Paris–Roubaix, nur bergauf.
Vor dem Start: Espresso in Airolo
Kaum durch den Gotthardtunnel, schon waren wir dem Hochnebel entkommen. Erst mal einen Espresso, bevor wir uns auf einem kleinen Bergsträsschen der eigentlichen Passstrasse näherten.
Passanstieg Gotthardpass
Bis zum Weiler Motto Bartola befindet man sich teils auf der „normalen“ Passstrasse. Einige der Kehren, die ich bei der Abfahrt vom Gotthardpass beim [[2025_09_06_Alpenbrevet_Silber|Alpenbrevet]] schon kennenlernen durfte, konnte ich jetzt deutlich langsamer und bergauf geniessen. Oberhalb von Motto Bartola legten wir eine Verschnaufpause ein.
Tremola erleben
Genau dort beginnt das Herzstück der Tremola: der durchgehende Pflasterabschnitt mit seinen 24 legendären Kehren. Ein wilder Bach begleitet das Tal hinauf – wie ein steinernes Tor zum Mythos. Ab hier rumpelt es ununterbrochen unter den Reifen, die Serpentinen ziehen sich eng an die Hänge, und mit jedem Tritt spürt man die besondere Atmosphäre dieser Strasse.

Die Steine sind flach verlegt und mit Sand verfugt, damit Fuhrwerke und Tiere Halt hatten. Dadurch „rumpelt“ es zwar ordentlich, ist aber fahrbarer als grobes Kopfsteinpflaster. Die Tremola misst von Airolo bis zur Passhöhe rund zwölf Kilometer und gilt als die längste durchgehende historische Pflasterstraße der Alpen.

Von oben sieht die Tremola fast aus wie eine gewundene Schlange aus grauem Stein – daher der Name (ital. tremolare = zittern, beben). (Ich frage mich aber, ob der Name tremolare - also zittern, beben - nicht eher vom Fahrgefühl kommt??? Dürfte via Kutsche doch ähnlich sein wie per Rennrad...🤔)

Historie & Mythos
Die Tremola wurde in den 1830er-Jahren erbaut und war lange Zeit die wichtigste Nord-Süd-Verbindung der Schweiz. Heute steht sie unter Denkmalschutz. Für Rennradfahrer ist sie ein Prüfstein – Kopfsteinpflaster wie bei Paris–Roubaix, nur bergauf – und zugleich ein Stück alpines Kulturerbe, das man Meter für Meter erfahren kann.

Gotthard-Passhöhe
Das Wetter ist wundervoll. Wir geniessen die Sonne und nehmen uns die Zeit, die Passhöhe genauer zu erkunden...

Suworow-Denkmal auf der Passhöhe
Direkt am Lago della Piazza steht das Suworow-Denkmal, errichtet 1999 zur Erinnerung an den russischen General Alexander Suworow. Im Herbst 1799 führte er im Zweiten Koalitionskrieg gegen Napoleon seine Armee über den Gotthard – ein strapaziöser Alpenfeldzug, der in die Militärgeschichte einging. Auffällig sind die drei Adlerfiguren aus Bronze: Zwei wachen von oben herab, während der untere mit ausgebreiteten Schwingen fast zum Angriff ansetzt. Sie greifen das russische Wappentier – den Doppeladler – auf und symbolisieren zugleich die Kraft und Weitsicht der Armee, die über die Alpen vorrückte. Drei Adler stehen auch für die drei Hauptrouten, über die Suworows Soldaten in die Schweiz gelangten. Das Denkmal verbindet so Geschichte, Symbolik und den rauen Geist des Gotthardpasses in einer eindrucksvollen Form.

Desaix-Reiterdenkmal
Am Nordende des Passsees steht die Reiterstatue des französischen Generals Louis Desaix, gestiftet von Frankreich im Jahr 1906. Neben ihm hält ein einfacher Soldat die Fahne – ein bewusstes Zeichen, dass nicht nur der Feldherr, sondern auch das namenlose Fussvolk den Krieg trägt. Auffällig ist die Darstellung: Desaix wirkt mager, fast verhungert, und auch das Pferd erscheint sehnig und abgezehrt. Dieses Denkmal verherrlicht nicht, sondern zeigt den Krieg als etwas Entbehrungsvolles und Brutales.
Gerade im Kontrast zu den kraftvollen Adlern des russischen Suworow-Denkmals auf der gegenüberliegenden Seite wirkt die Reiterstatue fast ernüchternd. Hier kein Bild von Stolz und Stärke, sondern von Müdigkeit und Opferbereitschaft. Zusammen machen beide Monumente deutlich: Krieg ist nie „heroisch“, sondern bedeutet immer Leid, Opfer und Zerstörung – damals wie heute.

Aber genug der Historie! Ich freue mich, trotz Erkältung und Husten die Tremola hoch gefahren zu sein und geniesse das schöne Wetter.

Lago della Sella
Von der Passhöhe aus führt ein kleines Strässchen hoch zum Stausee Lago della Sella. Wir beschliessen, diesen kurzen (aber teilweise etwas steileren) Aufstieg noch zu nehmen.

Wir überqueren noch die Brücke - dann endet die Teerstrasse.

Wir definieren das als unser heutiges Ziel und geniessen noch ein paar schöne und sonnige Augenblicke. Gleichgesinnte....


Abfahrt
Wider meiner Erwartungen entscheiden wir dann doch, die Tremola runter zu fahren, statt die normale Passstrasse zu nehmen. Grund: weniger Verkehr. Nachteil: mit Rennrad nicht ganz so "angenehm" – aber gut – einmal Durchschütteln von oben bis unten...
Leider merke ich, dass meine Bremsen nicht mehr richtig ziehen. Obwohl ich erst neulich die vorderen reparieren liess, werden sie immer schlechter – da ist wohl Luft in der Leitung. Das ist der Nachteil von modernen Rennrädern. Also heisst es für mich eher langsam runter zu fahren. Aber alles geht gut und bevor wir wieder in den Hochnebel eintauchen, geniessen wir in Airolo noch einen Cappuccino.
Steigungsprofil
Daten: 32.5 km · 1'141 Hm · Maximale Steigung (auf 200 m gemessen): 12.6 % 😉
Fazit: Historischer Kopfsteinpflaster-Klassiker im herbstlichen Sonnenschein🖤